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Was will Obama in Kairo und Buchenwald?

 

Obama wird seine womöglich bisher wichtigste Rede in der nächsten Woche halten – in Kairo wird er sich am kommenden Donnerstag an die „muslimische Welt“ richten.

Nun ist seinem länger angekündigten Besuch eine weitere Station hinzugefügt worden – Riad (hier ein Kommentar). Obama wird zuerst nach Saudi-Arabien reisen, bevor er in Kairo auftritt.

Am Tag nach seiner Kairoer Rede kommt er nach Deutschland, um Angela Merkel in Dresden zu treffen. Die beiden werden dort bilaterale Gespräche führen – vielleicht im Grünen Gewölbe – und eine Pressebegegnung abhalten. Dann wird es einen Besuch im KZ Buchenwald geben, bei dem Obama von Merkel und Steinmeier begleitet wird. Elie Wiesel, ein Überlebender der KZ Auschwitz und Buchenwald, der dort von den amerikanischen Truppen am 11. April 1945 befreit worden war, wird auch dabei sein.

Es ist noch nicht klar, ob Obama die Gelegenheit nutzen wird, sich weitere Teile von Dresden oder Weimar anzuschauen. Am Abend fliegt er weiter nach Paris, um am folgenden Tag an den Feierlichkeiten des 65. Jubiläums der Landung der Alliierten in der Normandie teilzunehmen.

Welch eine merkwürdige Reise: Riad, Kairo, Buchenwald, Normandie?

Dieser Verlauf ist ganz offensichtlich nicht von langer Hand geplant. Er hat sich so ergeben. Aber man kann dennoch eine Botschaft erkennen, die die verschiedenen Teile miteinander verknüpft.

Obama hat verschiedene Gründe, sich von Riad und Kairo aus an die Muslime zu wenden:

– er will den Friedensprozess wieder in Gang bringen und darum den „moderaten“ Kräften in der arabischen Welt den Rücken stärken, die bereit sind, Israel anzuerkennen

– zugleich erhöht er den Druck auf Israel, seinen Teil beizutragen (Siedlungsstopp, Bewegungsfreiheit in der Westbank, Aufhebung der Gaza-Blockade, Gespräche über den Endstatus)

– er will die Moderaten zugleich als Allianz gegen das iranische Atomprogramm sammeln und ihnen die Angst nehmen, dass er mit seinem Gesprächsangebot an die Iraner deren Hegemoniewünsche naiv bedient

– er will Salbe auf die Wunden streichen, die die Bush-Regierung mit ihrer Antiterrorpolitik gerissen hat.

Natürlich riskiert er mit diesem weitgehenden Ansatz, in Israel Ängste zu schüren, die amerikanische Schutzmacht verabschiede sich innerlich vom jüdischen Staat, der nur noch „irgendein Land wie jedes andere in Nahost“ sei.

Und da kommt nun der lange geplante Besuch im KZ Buchenwald sehr gelegen. Denn hier kann Obama ein Zeichen setzen, dass er Amerika weiter in der Pflicht sieht, gegen Antisemitismus und Holocaustleugnung aufzustehen. Eine Wurzel der Legitimität Israels – das „Nie wieder ohnmächtig zur Schlachtbank, nie wieder recht- und staatenlos“ – kann symbolisch gestärkt werden, wenn Obama nach seiner Rede an die Muslime in Buchenwald einen Kranz niederlegt. Und wenn seine eigene Familiengeschichte sich mit der Befreiung eines KZs verbinden läßt, weil sein Großonkel Charlie Payne 1945 hier als Soldat dabei war, dann hilft das auch Obama, seine Glaubwürdigkeit gegenüber Kritikern zu behalten, die ihm zu große Zugeständnisse gegenüber den Gegnern Israels vorwerfen.

Der Besuch in der Normandie – und zwischenzeitlich noch auf der amerikanischen Airbase in Landstuhl, wo die verwundeten Soldaten aus dem Irak und aus Afghanistan gepflegt werden – rundet diesen Eindruck ab: Hier zeigt sich der partiotische Obama, der zur Armee steht, die sich im Dienst von Freiheit und Menschenrecht sieht. Es wird schwer für die republikanischen Feinde seines Kurses, ihm vor dem Hintergrund dieser Bilder  einen Ausverkauf amerikanischer und israelischer Sicherheitsinteressen anzuhängen.

Aber: Alles hängt daran, wie die Besuche in Riad und Kairo laufen. Wird Obama dort die richtigen Worte finden? Wird er auch die Frage der Menschenrechte in diesen (extrem unpopulären) Diktaturen ansprechen?

Das ist ein Paradox dieser Reise: Obama besucht zwei arabische Staaten, deren Legitimität von vielen Muslimen (von den Liberalen bis zu den Islamisten) bestritten wird. Und ausgerechnet von dort aus wendet er sich an die muslimische Welt. Er kann seine Gastgeber natürlich nicht brüskieren, dann verliert er wichtige Partner im Friedensprozess. Doch wenn er sich einfach nur Arm in Arm mit ihnen zeigt, verliert er die Glaubwürdigkeit bei den Menschen, die beide undemokratische Regime kritisieren.

Einen Tag nach seinem Besuch – am Sonntag, den 7. Juni – wält der Libanon. Eine Woche nach Obamas Kairoer Rede wird in Iran gewählt. Wird Achmadinedschad wiedergewählt? Wird Hisbollah zur entscheidenden Kraft im multireligiösen Libanon?

Obama wird von vielen Wählern gehört werden, bevor sie ihr Kreuz machen. Auch über seine neue Nahostpolitik wird also abgestimmt werden.